Der Traum von der Rückkehr

In Süddeutsche Zeitung, Donnerstag, 26. Juli 2018, Nr. 170

Die musisch-kreativ arbeitende Aton-Schule muss von der Infanteriestraße nach Perlach umsiedeln. Die Leiterin Kamilla Hoerschelmann hofft, wieder nach Schwabing ziehen zu können. Derzeit verhandelt sie mit der Stadt über ein Grundstück an der Düsseldorfer/Ecke Prinz-Eugen-Straße.

Kreativität ist Teil des Konzepts: Seit mehr als zehn Jahren werden an der Schule Kinder zusätzlich zu den klassischen Schulfächern vertieft in Theater, Kunst, Tanz und Musik unterrichtet; es gibt keine Noten, keine Tests und keine Prüfungen. Dennoch absolvieren die Schüler erfolgreich ihr Abitur als Externe. (Fotos: Stephan Rumpf)

Von Ellen Draxel, Schwabing

Schwabing – Die Aton-Schule, musischkreative Privat-Ganztagsschule mit Noch-Sitz in Schwabing, zieht nach Perlach. In ein Bürogebäude an die Bayerwaldstraße, das derzeit für die künftige Schulnutzung umgebaut wird. „Wir haben die Räume erst mal übergangsweise für ein oder zwei Jahre gemietet, weil wir immer noch die Hoffnung haben, doch wieder nach Schwabing zurückkehren zu können“, sagt Schulleiterin Kamilla Hoerschelmann. Idealerweise in einen Neubau, den die Schule, so sie die Genehmigung dafür bekommt, an der Ecke Düsseldorfer/Prinz-Eugen-Straße errichten will.

Das Grundstück in Schwabing, auf dem der gleichnamige Trägerverein der Aton- Schule außer einem Schulgebäude gerne auch noch eine Kita bauen würde, gehört der Stadt. Das Bildungsreferat hat bereits signalisiert, für dieses Areal selbst „keinen dringenden örtlichen Bedarf geltend“ machen zu wollen. Doch das Sozialreferat möchte dort sozialen Wohnungsbauschaffen. Am heutigen Donnerstag hat Hoerschelmann deshalb einen Termin im Sozialreferat. Sie will den Entscheidern ihre Pläne vorstellen, will ihnen klarmachen, dass sie und ihr Team „so gerne kooperieren würden mit der Stadt“. Die Schulleiterin hat eine Vision: Sie stellt sich den Ort an der Düsseldorfer Straße als „Mehrgenerationenplatz“ vor, als Sozial- und Kulturstätte. Mit dem benachbarten Damenstift am Luitpoldpark hat sie bereits Kontakt aufgenommen. „Die Bewohnerinnen“, sagt sie, „würden sich über eine Zusammenarbeit freuen“.

Die Aton-Schule ist eine kleine Schule. 75 Kinder werden dort derzeit in altersgemischten Gruppen unterrichtet, das pädagogische Konzept setzt auf alternative Bildung mit viel Musik und Kunst und ermöglicht ein sehr individuelles Lerntempo. Spaß am Lernen, Kreativität und soziales Engagement stehen im Vordergrund, es gibt keine Zensuren, keine Tests und Prüfungen. Erfolgreiche Abschlüsse, betont Hoerschelmann,machten die Kinder in externen Prüfungen dennoch.

14 Jahre lang nutzte die Aton-Schule Räumlichkeiten im dritten Stock der Infanteriestraße 14. Doch nun wird das alte Gebäude abgerissen und durch einen Wohnungsneubau ersetzt. Weil sie in Schwabing bleiben wollte, suchte Hoerschelmann zunächst nach Interimsherbergen im Viertel. Etwa in Containern auf dem sogenannten Fisser-Gelände an der Schwere- Reiter-Straße. Aber daraus wurde nichts. Die Bestandsgebäude des Fisser-Geländes einschließlich des Firmenparkplatzes und der benachbarten Grünzone sind laut Kommunalreferat bis Ende 2019 vermietet. Anschließend ist dort die Realisierung des „Kreativfeldes“ im Neubaugebiet Kreativquartier vorgesehen: Die jetzigen Stellplätze verschwinden dann in einer neu zu errichtenden Tiefgarage, an der Oberfläche entsteht eine öffentliche Grünfläche. Außerdem soll 2019 auf dem Areal mit den Baumaßnahmen zur Herstellung der verkehrlichen Infrastruktur für die neueSiedlung gestartet werden. „Dies ist notwendig, um ab 2020 mit dem Wohnungsbau beginnen zu können“, so die Behörde. Die Arbeiten zur Errichtung der Grundschule mit Kindertageseinrichtung an dieser Ecke liefen bereits. Zwar gebe es noch unverbaute und ungenutzte Flächen. Diese aber würden „angesichts der künftigen baulichen Aktivitäten dringend für Zwecke der Baustelleneinrichtung benötigt“.

Hoerschelmann blieb nach diesem Nein zum Fisser-Gelände und der Vertagung der Entscheidung über das Grundstück an der Ecke Düsseldorfer-/Prinz-Eugen-Straße im Stadtrat vor zwei Wochen nichts anderes übrig als zu handeln. Auch wenn ihr schon damals bewusst war, dass die künftige Entfernung nach Perlach den meisten Eltern nicht behagen würde. „Ganz viele“, sagt sie bedauernd, „sind mittlerweile abgesprungen.“ Trotzdem ist sie „erst mal sehr froh, dass wir dieses Gebäude da draußen in Perlach haben“.

Nach den Sommerferien steht die Zukunft der Aton-Schule erneut auf der Agenda des Stadtrats. Dann wird sich zeigen, ob das heutige Gespräch im Sozialreferat gefruchtet hat.